In Anbetracht des hohen und weiter steigenden Verkehrsaufkommens und der anhaltenden Emissionsproblematik in deutschen Städten bedarf es neuer Konzepte für den städtischen Güterverkehr. Um eine Reduzierung der Verkehrs- und Emissionsbelastung durch Güterströme zu erzielen, bietet vor allem die Verlagerung von Gütertransporten auf umweltfreundlichere Alternativen großes Verbesserungspotenzial.
Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) gilt zwar gemeinhin als umweltfreundlicher Verkehrsträger, wurde aber bisher kaum im Kontext von urbanen Güterverkehren berücksichtigt. Das Forschungsvorhaben ist dem Handlungsfeld „Urbane Logistik & Mobilität“ zuzuordnen. Es zielt darauf ab zu untersuchen, unter welchen Rahmenbedingungen, bei welcher Ausgestaltung und für welche Anwendungsfälle der ÖPNV prinzipiell zur Güterversorgung von urbanen Regionen eingebunden werden kann. Ausgangspunkt der Projektidee ist, dass der bisher für urbane Warenwirtschaftsverkehre nur im Einzelfall eingesetzte ÖPNV im Zuge neuer Belieferungskonzepte zukünftig zur Versorgung von urbanen Zentren systematisch genutzt werden könnte. Dazu soll der ÖPNV vorangehend zur sogenannten „Letzten Meile“ in ein Citylogistiksystem integriert werden. Der ÖPNV würde somit einen Teil des sogenannten Hauptlaufs auf der Straße ersetzen und das Bindeglied zwischen dem überregionalen Transport und der Zustellung der Güter zum Empfänger bilden. Durch die Einbindung des ÖPNV in die Transportkette könnte die Verkehrs- und Emissionsbelastung durch Güterflüsse in urbanen Zentren reduziert und die Blockierung von Fußgängerinfrastruktur durch Lieferfahrzeuge vermieden werden. Weiterhin könnten auch die Auslastung und Profitabilität des ÖPNV gesteigert werden. Der Transport von Gütern abseits der Stoßzeiten im ÖPNV würde dafür sorgen, dass freie Kapazitäten genutzt werden, ohne dabei zu einer Beeinträchtigung für den Personenverkehr zu führen. Die so zusätzlich generierten Einnahmen könnten genutzt werden, um die Finanzierung des ÖPNV zu verbessern.
Da der ÖPNV bisher nur in Einzelfällen für urbane Güterverkehre betrachtet wurde, ist unklar, unter welchen Rahmenbedingungen und für welche Anwendungsfälle ein ÖGNV prinzipiell vorteilhaft ist und welche ökologischen und ökonomischen Potenziale sich hierdurch ergeben. Ziel des Projektvorhabens ist es daher, die prinzipielle Vorteilhaftigkeit eines in den öffentlichen Personennahverkehr integrierten Transportnetzwerks für Güter zu untersuchen und quantitativ zu bewerten. Insbesondere soll dabei die mögliche Ausgestaltung des Transportnetzwerks hinsichtlich der Platzierung der Hubs (Zugangs-, Umschlags- und Austrittspunkte), sowie das Routing der Güterströme durch das Netzwerk betrachtet werden. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Umschlagsprozessen, da diese angepasst an die Personenbeförderung durchgeführt werden müssen und somit nur eine begrenzte Umschlagszeit und -kapazität zu Verfügung steht. Umschlagszeit und -kapazität sind weiterhin abhängig von der betrachteten Strecke, den untersuchten Wochentagen und der Tageszeit.
Zur Zielerreichung und zur Formulierung von Handlungsempfehlungen für eine mögliche Umsetzung der Konzeptidee sollen im Projektvorhaben ausgewählte Linien des Frankfurter ÖPNV mathematisch modelliert und analysiert werden. Mittels dieses Modells soll experimentell erforscht werden, unter welchen Voraussetzungen (z. B. Hubplatzierung, Linientakt) und für welche Nachfragestrukturen ein ÖGNV-Netzwerk als nachhaltige und zugleich wirtschaftliche Alternative zur Versorgung von urbanen Zentren mit Gütern eingebunden werden kann.
Eckdaten:
Laufzeit: Oktober 2020 bis August 2021
Förderer: Dieses Projekt (HA-Projekt-Nr.: 980/20-137) wurde aus Mitteln des Landes Hessen und der HOLM-Förderung im Rahmen der Maßnahme „Innovationen im Bereich Logistik und Mobilität“ des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen gefördert.